Lena Westphal stammt aus Gelsenkirchen, Jula Zangger aus Graz. Zusammen sind sie JULALENA, ein Duo, das seit 2017 Kunst, Gesellschaftskritik und Wissenschaft verbindet. Für das Kulturjahr 2020 nehmen die beiden die „21 Lektionen für das 21. Jahrhundert“ des Historikers Yuval Noah Harari als Grundlage für ein Programm, das Performance, Hörspiel, Objektkunst, Architektur, Hightech, Schauspiel, Film, Publikumsbefragungen und Interviews mit Expert*innen verbindet. Diese bunte Mischung ist als Experiment angelegt, wird aber durch die Pandemie noch einmal kräftig durchgerüttelt.
Aber beginnen wir bei der Idee und der Einreichung: „Wir fanden den Call sehr treffend. Es war eine kluge, umfangreiche, wesentliche Ausschreibung, die offen genug war, um alles für uns Wichtige zu bearbeiten. Auch die Verbindung von Wissenschaft und Kultur sprach uns sehr an. Wir hatten gerade Hararis Buch gelesen und fanden darin viele Dinge, die uns für das Kulturjahr interessant schienen“, sagt Lena Westphal.
Die 21 Visionen sollen in drei Teilen zu je sieben Visionen und an ungewöhnlichen Orten in Szene gesetzt werden. Daraus werden fürs Erste drei Auftritte in der Auster, dem Schwimmbad in Eggenberg. Am Rande des Beckens bilden aufwendige, selbst konstruierte Elemente im Umfang von 9 Quadratmetern ein Modell des Andreas-Hofer-Platzes: „Man muss sagen, dass nach dieser Premiere das Haus, das ich bewohne, mit einem Wohnraum nichts mehr zu tun hatte. Alles war voller Styropor, Werkzeug, Plexiglas“, erzählt Jula Zangger.
Als Expertin für urbane Fragen steht den beiden Künstlerinnen die Architektin Isabella Müller-Fuchs zur Seite. Das Schwimmbad wird nicht zufällig gewählt, betont Lena Westphal: „Es ist sehr warm dort und das Wasser steht einem bis zum Hals.“ Das Publikum sieht die Akteurinnen beim Hantieren mit Modellen für eine bessere Zukunft: Mehr Grün in der Stadt, idealerweise eine Zero-Emission-Strategie, öffentliche Verkehrsmittel, die durch die Luft schweben. Die Gedanken dazu sind auf der Audio-Ebene über Kopfhörer zugänglich.
Kunst und Intelligenz Für den zweiten Teil entsteht eine Kooperation mit dem Geidorfkino, wo JULALENA im November 2021 nochmals auftreten können. Unterstützt wird die filmisch-theatralische Inszenierung von Michael Katzlberger, der diese sieben Visionen mit KI-Technologien begleitet. Von Bildmanipulation bis zu digitaler Fälschung mit Deep Fake, von der Generierung von Text bis zu Musik, die von künstlicher Intelligenz komponiert wird. Um seine Arbeit auch nachhaltig zu kommunizieren, stellt Katzlberger anschließend eine umfangreiche und äußerst sehenswerte Website ins Netz.
Für den dritten Teil wird eine Reihe von Fragen, die Harari aufwirft, über einen Aufruf in der Kleinen Zeitung, über Social Media, über einen Newsletter und die Website der Künstlerinnen ausgeschickt. Das Ziel: 2100 Antworten zu bekommen. Wer weiß, vielleicht wird aus all diesen Statements ein neues Buch, das mittelbar auf Harari Bezug nimmt. „Ich finde die Antworten unendlich spannend“, sagt Jula Zangger.
JULALENA selbst werfen mit ihrer Auseinandersetzung mit den 21 Visionen viele Fragen auf, die unsere Zukunft in der Stadt betreffen, unsere Art zu leben, zu wohnen, uns fortzubewegen. „Wir hoffen, dass Leute zu uns kommen und uns widersprechen oder unsere Ansätze weiterführen. Ich behaupte, dass wir Beiträge liefern für das grundsätzliche Gespräch, für Themen, die mehr Nachdruck bräuchten“, fasst Lena Westphal zusammen.
Im Dialog mit JULALENA über ihr Projekt ist neben Engagement und Optimismus allerdings auch Frustration über das Erlebte spürbar. Das vorzeitige Aus für die mit viel Liebe zum Detail geplanten Aufführungen hat Spuren hinterlassen: „Wir schreiben keine Theaterklassiker, wir schreiben für den Moment, allein in Sachen KI hat sich in der Zwischenzeit zu viel entwickelt, um die Performance unverändert wiederaufzunehmen. Wir haben unseren Teil gelernt – aber der wichtigste Teil, die Weitergabe ans Publikum, fehlt.“