ARGE spleen*graz

8 Fenster. Ein theatrales Vexierspiel.

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#Soziales Miteinander    Darstellende Kunst

Ich hör etwas, das du nicht hörst

Wie spielt man Theater zugleich drinnen und draußen? In der kalten Jahreszeit zumal. Die Grundidee zu den „8 Fenstern“ entsteht in einem Jugendklub im Theater am Ortweinplatz (TaO!). Die Besucher*innen bleiben im Freien und verfolgen das Geschehen in einem Haus. Die Zahl der Fenster hat sich aus dem Wortklang ergeben, erzählt Natascha Grasser, die für Konzept und Regie verantwortlich ist. Acht klingt für sie einfach besser als sieben.

Die Premiere findet im Februar 2020 statt, da ist von einem Lockdown noch keine Rede. Das Publikum versammelt sich am Ortweinplatz vor einem Haus mit 8 erleuchteten Fenstern. Man bekommt eine Einführung, dann ein Tablet und Kopfhörer. Man sieht zwar alle Fenster, was man aber über den Audio-Livestream aus den jeweiligen Zimmern zu hören bekommt, entscheidet man selbst durch einen Klick auf das Tablet. Die einzelnen Geschichten finden parallel zueinander statt. Man kann also wählen, welche Handlung einem besonders spannend erscheint, und stellt sich so ein eigenes Stück zusammen.

Neben dem Medium Theater nimmt die Inszenierung damit auch Bezug auf das Internet, konkret auf Youtube-Videos. Wir beobachten andere Menschen, entscheiden in Sekundenschnelle, was wir sehen und hören wollen, können hin und her klicken. Wenn wir selbst Inhalte ins Netz stellen, müssen wir uns der Frage stellen, wie viel Privates wir herzeigen. Durch die „8 Fenster“ werden die Prinzipien der digitalen Räume in die analoge Welt übersetzt. Mit einem kleinen Kunstgriff: Die Akteur*innen befinden sich ganz in der Nähe der Fenster, was in der Realität in einem Haus, das wir beobachten, vermutlich eher selten der Fall ist.

Das Theater kennt das Publikum
Die Unterstützung durch das Kulturjahr ist entscheidend für die Umsetzung, sagt Natascha Grasser: „Wir hatten einen Prototyp, eine Idee, aber selbst hätten wir die Mittel für eine solche Produktion nicht gehabt.“ So wird etwa eine eigene App programmiert. Jeder Raum wird mit Mikrofonen versehen. Ein Techniker mischt im Haus die Stimmen und schaltet zum Finale alle Besucher*innen auf einen Stream. Die größte technische Herausforderung ist es, an einem Platz mit unheimlich vielen privaten WLANs eine stabile Internetverbindung für die Tablets herzustellen. Immerhin soll die Latenz zwischen der optischen und der akustischen Ebene möglichst gering sein. Auch personell ist der Einsatz größer als üblich, rund 30 Personen wirken an der Performance mit. Vor und hinter den Kulissen der acht Fenster.

Um nämlich das Spiel zwischen Privatheit und Öffentlichkeit auf die Spitze zu treiben, wird das Publikum ins Stück integriert. Man muss sich vorab namentlich registrieren, sodass es möglich wird, über die Zuschauer*innen öffentlich zugängliche Informationen aus dem Netz zu holen. Einiges davon findet Eingang ins Stück. Zum Finale gibt es im Haus eine Ausstellung mit Bildern und Informationen über die Besucher*innen, soweit sie recherchierbar sind.

„Das Überraschungsmoment, wenn das Publikum merkt, dass es auf der falschen Fährte ist und selbst beobachtet wird, hat sehr gut funktioniert. Sehr unterschiedlich waren die Reaktionen auf das Zurschaustellen der eigenen Daten. Ein Mädchen löschte umgehend seinen Facebook-Account, anderen war die Thematik durchaus bewusst – und eine Dame, über die wir so gut wie nichts fanden, schien enttäuscht zu sein“, erzählt Grasser.

Für die Regisseurin ist die Auseinandersetzung mit dem Thema damit nicht zu Ende. Sie will sich weiter mit der Schnittstelle zwischen analog und digital auseinandersetzen. Die Frage, wie man auch in Zeiten einer Pandemie Theater spielen kann, beschäftigt sie seit den 8 Fenstern vermehrt. Hier neue Formate zu finden, sieht sie als eine der Herausforderungen, denen sich die Branche stellen muss.

Arge spleen Graz 8 Fenster
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Das Kulturjahr 2020 wurde unterstützt von: