Komödie Graz

ACH, SIE ARBEITEN ALSO AN MEINER ZUKUNFT?

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#Arbeit von Morgen    Darstellende Kunst

Worüber lachen Sie denn da?

Wie wird Technik in der Komödie dargestellt, wie werden Kommunikationsmedien auf der Bühne gezeigt? Mit einem Festnetztelefon, über dessen Kabel ein Akteur stolpert. Mit einer Aktentasche, aus der unzählige Papiere fallen. Oder, wie im Falle von „Boeing Boeing“, mit einem Flugkapitän, der über seinen überdimensionalen Plänen schier verzweifelt. „Die Herausforderung für uns ist, dass es diese Dinge in der Gegenwart nicht mehr gibt“, sagt Urs Harnik, gemeinsam mit Stefan Moser Geschäftsführer der Komödie Graz, „deswegen haben wir uns die Frage gestellt: Wie wird das in zwanzig Jahren sein, wird man da Komödienstoffe noch verstehen?“ Der zweite Ansatz für das Projekt im Kulturjahr ist die Tatsache, dass es etliche steirische Hightech-Unternehmen von Weltruf gibt, aber nur ein kleiner Kreis weiß, an welchen Zukunftstechnologien dort konkret gearbeitet wird. Die Gruppe um Urs Harnik begibt sich daher auf Recherche und organisiert Interviews mit leitenden Forscher*innen von Unternehmen wie AVL in Graz oder der ams-OSRAM AG aus Unterpremstätten.

Aus der geplanten Aufführung wird eine Online-Veranstaltung Ende September. Klassische Szenen aus Komödien, Statements von Hightech-Expert*innen, Kommentare von Wissenschaftler*innen wie der Soziologin Karin Scaria-Braunstein von der Uni Graz und Inputs von Regisseur Robert Persché sorgen für einen unterhaltsamen und spannenden Abend im Digitalformat. So hat der technologische Wandel schließlich auch das Projekt transformiert. Urs Harnik schließt freilich nicht aus, dass man mit dem Material nicht doch zu einem späteren Zeitpunkt live und in Präsenz auftritt: „Wir arbeiten natürlich auch mit digitalen Medien, wir wollen sie aber nicht als Distanzierungselement einsetzen.“
Die Komödie wird sich jedenfalls verändern, davon ist der Schauspieler überzeugt. „Wir müssen gerade in diesem Genre aufpassen, dass es nicht zu einer Überalterung kommt. Ein Faxgerät, einen Overheadprojektor, eine verwickelte Musikkassette wird bald niemand mehr kennen. Wir werden vermehrt mit Stücken arbeiten, die zeitgemäß adaptiert werden. Wir brauchen auch generell neue Stoffe. Wenn ich einen Text wie ‚Gut gegen Nordwind‘ hernehme, dann ist da die Verwechslungskomödie bereits in einem anderen Gewand sichtbar. Generell ist neue Literatur aber spärlich gesät. Wir sichern uns daher immer wieder Aufführungsrechte aus dem internationalen Bereich wie zuletzt beim ‚Club der Hypochonder‘ der polnischen Autorin Magdalena Wołłejko alias Meggie Wright.“

Mit der Drohne ins Theater

Und was haben die Komödiant*innen aus der Recherche über Technologie gelernt? Harnik sieht große Veränderungen auf uns zukommen, zum Beispiel bei der Mobilität, zugleich stellt sich für ihn die Frage, ob wir mit der Geschwindigkeit des Wandels zurechtkommen werden. Die Unternehmen, sagt Urs Harnik, gehen etwa sehr ernsthaft davon aus, dass wir in 15 Jahren mit Drohnen-Taxis durch die Luft fliegen, um nur ein Beispiel zu nennen: „Das klingt nach Science-Fiction, aber es steht unmittelbar bevor. Die führende Entwicklerin eines Hightech-Unternehmens hat aber auch die Frage aufgeworfen, ob wir all die Veränderungen dann auch haben wollen oder ob viele beginnen werden, sich zurückzuziehen. Jetzt könnte man sagen, während der Pandemie hat das schon bis zu einem gewissen Grad stattgefunden. Wir hätten plötzlich unzählige Möglichkeiten, zu kommunizieren – aber tun wir das auch?“

So ist der persönliche Kontakt ein Punkt, den sich der Theaterleiter für das Leben in der Stadt wünscht. Ein zweiter: der Humor. Auch und gerade in der Kulturszene. „Unterhaltung sollte kein Widerspruch sein zu Kultur. Eine Komödie muss mit derselben Präzision erarbeitet werden wie ein anderes Theaterstück – um nicht zu sagen: mit derselben Ernsthaftigkeit. Und ich bin davon überzeugt, dass es eine positive Grundstimmung braucht, um die Probleme der Menschheit zu lösen.“

(c) Komödie Graz
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