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BORN TO FAKE

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#Soziales Miteinander    Darstellende Kunst

Alles echt. Oder nicht?

„Guck dir die Programme an, was heute so läuft. Da weiß ich gar nicht mehr, warum ich eigentlich verurteilt wurde.“

Am 4. März 2019 stirbt in Graz ein Mann namens Michael Born. Von ihm stammt das obige Zitat. Er beginnt seine Karriere als Journalist, wird Kriegsreporter. Und vor allem: Er beginnt sich in einen Sumpf aus Lügen und Tricksereien hineinzumanövrieren. Über 200 Dokumentarfilme soll er gefälscht haben, manche aufwendig, andere erstaunlich amateurhaft. Geradezu legendär seine Geschichte über Drogensüchtige, die Kröten ablecken würden und sich davon einen Rausch erhoffen. Entdeckt werden seine „Fake News“ erst geraume Zeit nach der Ausstrahlung. Günther Jauch, Chefredakteur bei Stern-TV, streitet vor Gericht vehement ab, davon gewusst zu haben. Was aber führt Born, der nach einer Haftstrafe vorwiegend in Griechenland lebt, in die Steiermark? Es ist sein Freund und zeitweiliger Arbeitgeber Roland Berger, Filmemacher und Regisseur aus Graz.

„Ich war in den 1990er-Jahren Dozent für Medienwissenschaften und hatte eine Filmproduktionsfirma in Trier. Da bekam ich eines Tages einen Anruf: ‚Ich bin Michael Born, vielleicht kennen Sie mich?‘ Er war im Gefängnis und durfte als Freigänger nun tagsüber einer Arbeit nachgehen. Er sagte, er könne alles, schreiben, Regie führen, Kamera …“ So lernen die beiden einander kennen, arbeiten gemeinsam. Wobei Roland Berger bald merkt, dass Born bei Weitem nicht alles kann, was er behauptet. „Wir haben über 80 Beiträge gemacht unter dem Titel ‚Wahr oder falsch‘ – man kann sich vorstellen, was wir da produziert haben“, schmunzelt Berger.

Beruflich wie privat erlebt der Grazer mit Michael Born immer wieder seine blauen Wunder. Born kommt nun häufiger nach Graz, kaum ein Besuch verläuft ohne Täuschungsmanöver: „Er war hochintelligent, hatte großes Allgemeinwissen, aber er hat nichts auf die Reihe bekommen. Er hat geraucht wie ein Schlot und gesoffen. Finanziell und gesundheitlich ist es ihm nicht gut gegangen“. Eines Morgens schaut Berger aus dem Fenster und sieht überraschenderweise Born im Garten sitzen. Der will nur eine Nacht bleiben. Daraus wird ein gutes Dreivierteljahr.

Durch die viele gemeinsam verbrachte Zeit entwickeln Berger und Born die Idee zu einem Stück, einer Performance. „Born to fake“ soll den Fälscher ad personam auf die Bühne bringen. Berger könnte den Freund und Kritiker spielen. Dazu sind Videoeinspielungen angedacht mit haarsträubenden gefälschten Szenen. Tagsüber bespricht man die Handlung, in der Nacht schreibt Born. „Wir waren schon relativ weit, hatten einen Großteil fertig. Dann hat er sich mit Influenza angesteckt und ist plötzlich gestorben. Ich konnte es gar nicht glauben, auf einmal war er weg.“

Jauch ist tot

Roland Berger will das Werk weiterführen und arbeitet mit dem Autor Josef Maria Krasanovsky an einer Theaterfassung. Born soll von vier Personen dargestellt werden, eine davon eine Frau. Es ist ein schräger Text, den Berger selbst als „richtig trashig“ bezeichnet. Ein gewisser Günther Jauch wird ermordet, steht danach wieder auf, ist aber doch offenbar tot. Der eine oder andere reale Born-Fake wird eingebaut. Auch eine Figur namens Roland Berger tritt auf. Ob es der echte ist?

Das Stück ist fertig geschrieben, die weitere Arbeit daran musste coronabedingt immer wieder unterbrochen werden, bis die Pandemie eine Aufführung innerhalb des Kulturjahres schließlich ganz unmöglich machte. Wann und wo es aufgeführt wird, steht zurzeit daher noch nicht fest. Klar ist, dass das Thema aktueller kaum sein könnte. Nun mag das Fernsehen schon nicht der Hort der Wahrheit sein, als den wir es gerne sehen würden. Das Internet aber ist erst recht voll von Lügen und Halbwahrheiten. Für den passionierten Fälscher wäre in der Pandemiezeit eine goldene Ära angebrochen.

Am Ende zieht Roland Berger Resümee: „Born ist kein Held bei uns. Ein Betrüger fügt immer anderen Menschen Leid zu. Es ist wichtig, dass man darüber nachdenkt, was einem an Information offeriert wird. Dann kommt man zumindest zu einer Art Wahrheit, auch wenn die trotzdem subjektiv ist.“

(c) Hanna Hofstätter
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  • (c) Hanna Hofstätter

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