Elisabeth Harnik

HUMMING ROOM

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#Umwelt und Klima    Bildende Kunst Musik/Klangkunst

SUMMEN IM PARK

Während einer Wanderung kam Elisabeth Harnik bei einem verlassenen Dorf vorbei. Sie hörte einen seltsamen Klang und folgte ihm in ein verfallenes Steinhaus. Das Erstaunliche an diesem Geräusch war die Kontinuität. In einem Raum mit blühendem Efeu schließlich entdeckte die Komponistin die eigenartige Klangquelle: viele Dutzend Bienen. Verstärkt wurde ihr Summen durch die Steinwände. Das Vibrieren im Raum löste ein Gefühl aus, das Elisabeth Harnik nicht mehr loslassen sollte.

Gemeinsam mit der Architektin Milena Stavric dachte sie in der Folge über einen Raum nach, der eine Wabenstruktur besaß und dessen Wände Drehbewegungen ausführen konnten. Der hölzerne „Humming Room“, eine begehbare Klanginstallation, die mit Bienensummen bespielt wird, war geboren. Die Entscheidung, sich am Call des Kulturjahres zu beteiligen, fiel dennoch recht spontan, mit Stavric und der Akustikerin Jamilla Balint erarbeitete Harnik innerhalb von wenigen Wochen die Projektunterlagen. Balint war es auch, die den Kontakt zu einer Grazer Imkerin herstellte, bei der man die Geräusche der Bienen aufnahm.

In unmittelbarer Nähe zum Museum der Wahrnehmung im Augarten wurde zu Beginn des Sommers 2020 das hölzerne Klangobjekt errichtet. Die Eröffnung erfolgte noch „virtuell“, doch bald schon entwickelte sich die summende Konstruktion zu einem beliebten Aufenthaltsort für Passanten und Parkbesucherinnen. Eine Parkraumwächterin erforschte neugierig und scheinbar gedankenverloren den Raum. Ein afrikanischer Musiker im feierlichen Gewand drehte ein Video. Zwei Frauen betraten den „Humming Room“, eine davon legte sich auf das Holz und erzählte von der beruhigenden Wirkung. Kinder wussten meist sofort, wo der Klang herkam und fragten, wo denn die Bienen versteckt seien.

„Es war für mich als Komponistin neu eine Vision klangkünstlerisch umzusetzen und hautnah mitzuerleben, wie sie sich Schritt für Schritt im Park – allen covidbedingten Hindernissen trotzend – materialisierte. Das Stück komponiert sich quasi von selbst, abhängig davon, wann und wie man sich nähert, wie man den Ort wieder verlässt, wie die Wände zueinander stehen, wie sich das eigene Hören ,ein-lässt‘“, erzählt Elisabeth Harnik, die oft vor Ort war. Nicht zuletzt, um die Wände neu zu stellen, die drei Positionen einnehmen können.

Die Wände des „Humming Room“ veränderten so im Laufe der Zeit die Geräuschkulisse. War die Wabe zunächst weitgehend geschlossen, so öffnete sie sich immer mehr. Auf die Probe gestellt wurde die Fähigkeit des Hinhörens, die in unserer Gesellschaft zusehends verloren geht, wie Elisabeth Harnik konstatiert. Die Frage „Wie wir leben wollen“ hat für die Komponistin dann auch viel mit Aufmerksamkeit und deren drohendem Verlust zu tun. Die vielen positiven Reaktionen auf das Projekt fasst sie wie folgt zusammen:

Ein Bienenstock für alle

„Schön war vor allem, dass es sehr niederschwellig gewirkt hat. Von jung bis alt, aus allen Ecken von Graz, haben Menschen eine Verbindung zu ihrem Leben herstellen können und uns Rückmeldung gegeben.“ Sehr zur Freude der Künstlerin gab es zudem keinerlei Vandalismus, obwohl der „Humming Room“ weder bei Tag noch bei Nacht bewacht wurde. „Das zeigt, dass es wohl eine gewisse Wirkung hatte, mit dem Summen und dem Geruch des Leinöls. Und: Es ist ein Raum für alle.“

Was das Projekt für Elisabeth Harnik und ihr Schaffen neu und besonders inspirierend machte: die spartenübergreifende Zusammenarbeit. „Das ist etwas, das ich weiter verfolgen möchte. Es ist gut, sich in der eigenen Disziplin zu vertiefen. Aber es ist auch wichtig zu sehen, was anderswo passiert, um damit eine neue Perspektive auf die eigene Arbeit zu bekommen.“

Nicht nur diese Erkenntnis wird über das Kulturjahr hinaus wirken. Auch das Kunstwerk selbst hat Bestand. An der österreichisch-tschechischen Grenze, nahe an einem Radweg, ist der „Humming Room“ weiterhin zu erleben.

Humming Room Elisabeth Harnik gesamt
(c) Jamilla Balint
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  • (c) Jamilla Balint

  • (c) Jamilla Balint

  • (c) Hannah Pansinger

  • (c) Eva Fürstner

  • (c) Harald Schabus

  • (c) Oswald Schechtner

  • (c) Eva Fürstner

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