Institut für Mathematik und Wissenschaftliches Rechnen (Karl-Franzens-Universität Graz)

LISTEN TO INTUITION

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Reden ist Silber, Rechnen ist Gold.

„Die ‚richtige‘ Intuition zu haben (und fleißig zu sein) verbindet Kunstschaffen und Forschung. Speziell das hohe Abstraktionsniveau der Mathematik verlangt viel Bauchgefühl und Gespür. Zwei Mathematiker*innen und eine Künstlerin hörten einander über sieben Jahre zu. Über alle Unterschiede hinweg wurde Fremdes Neues und es entstanden Kompositionen, Kunstwerke und mathematische Forschung, die sonst nie möglich gewesen wären.“

Es ist ein Trio mit breit gefächerten Interessen, das mit dem oben zitierten Anspruch Rechenkünste und Musik in einer Ausstellung verknüpft. Karin Baur studierte Mathematik, Philosophie und Französisch. Nach Jahren in Zürich, San Diego und Leicester ist sie seit 2010 Professorin für Algebra an der Uni Graz. Tamara Friebel studierte Komposition in Wien, London und Huddersfield, UK, sowie Architektur in Melbourne und in Wien bei Zaha Hadid. Seit 2005 komponiert sie und arrangiert Performances. Klemens Fellner studierte Mathematik und Physik sowie Fagott. Während seiner Postdoc-Zeit lebte er in Cambridge, Paris, Granada, Barcelona, in Melbourne und in Wien. Seit 2011 ist er Professor für Mathematik /Computational Sciences in Graz.

„Eine Quintessenz des Projektes ist es, dass zuhören wichtiger ist als reden“, sagt Klemens Fellner. „Das ist etwas, das zunehmend verloren geht. Alle wollen ihre Botschaften kommunizieren, das blockiert aber das Interdisziplinäre. Wir wollten auf Augenhöhe arbeiten. Die Herausforderung war es, dass unsere Disziplinen – auch innerhalb der Mathematik und der Musik – sehr weit voneinander entfernt sind.“

„Listen to intuition“ beginnt mit einem Kreisring und einer Triangulierung mit gebogenen Linien, wie sie in der aktuellen Cluster-Algebra zu finden sind. Wer jetzt schon am Ende seiner Schulkenntnisse angelangt ist, muss sich keine Sorgen machen, auch der Uni-Professor meint an dieser Stelle, er wisse darüber nur recht wenig. Überhaupt sei es wichtig zu bedenken, dass Mathematik ein Feld sei, das sich ständig weiterentwickle. „Die dynamische Denkweise habe ich in der Architektur bei Zaha Hadid kennengelernt“, sagt Tamara Friebel, „für sie waren Kurven frisch und neu. Ich muss Algebra nicht so verstehen wie Karin oder Klemens, aber ich finde einen Weg, damit zu arbeiten.“

Musikalisches Pingpong
Die Ausstellung in einer Pop-up-Galerie in der Zinzendorfgasse verbindet denn auch Zeichnungen, Kompositionen und Objekte. Sie lädt ein zuzuhören, aber auch selbst kreativ zu sein, etwa mit Tischtennisbällen und einer Zither. Und so zieht sie die Besucher*innen in ihren Bann. Die meisten verbringen deutlich mehr als eine Stunde in den Räumen. „Zeitgenössische Musik und Mathematik sind in Österreich ja nicht wirklich beliebt und deswegen sind wir sehr froh, dass die Kommunikation hier gelungen ist, ob mit Galerist*innen aus Wien, mit Kindern oder mit Nachbar*innen, die mit Mathematik nichts am Hut haben. Wir haben gelernt, dass man auch schwierige Dinge vermitteln kann, allerdings auf persönlicher Ebene“, fasst Klemens Fellner zusammen. Das braucht aber Zeit zur Auseinandersetzung. Der Mathematiker ist kein großer Freund davon, komplexe Phänomene in drei Minuten erklären zu wollen, genauso wie er nicht glaubt, dass man eine Universität auf einige wenige Slogans reduzieren sollte.

„Ich finde es gut, dass wir mit dem Kulturjahr die Ressourcen hatten, um ein solches Projekt zu entwickeln. Ohne primär auf Reichweiten zu schauen, ohne ständig ein Publikum über Instagram oder Spotify bedienen zu müssen“, sagt Tamara Friebel. „Wie ich in Graz leben will, sieht man gut an einem Werk von Yvonne Hofmeister, das wir hier ausstellen: in Verbundenheit.“ Und Klemens Fellner fügt hinzu: „Genau, es geht um Kontakt und um Kommunikation gerade in der Pandemie.“

(c) Tamara Friebel
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  • (c) Tamara Friebel

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