Kamchàtka & Ensemble ĀRT HOUSE 17 – im Auftrag von Neue Hofkapelle Graz

MUSICA FUGIT – Interaktives Musiktheater – UP TO GRIES

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#Soziales Miteinander    Darstellende Kunst Musik/Klangkunst

Auf der Flucht

„Musica Fugit“ ist eine mehr als nur irritierende Performance, an der die Theatergruppe Kamchàtka aus Barcelona, der Regisseur Adrián Schvarzstein, Musiker*innen des Grazer Ensembles ĀRT HOUSE 17 unter Leitung von Michael Hell sowie Sopranistin Emma Kirkby seit Jahren arbeiten. Eine Gruppe von Menschen wird von ihren Begleiter*innen getrennt und an einen Ort gebracht, an dem sich niemand zurechtfindet. Dramaturg Thomas Höft beschreibt die Idee und das Konzept so: „Die Frage für uns war: Wie kann man vermitteln, was es heißt, auf der Flucht zu sein? Wo kann man Heimat finden? Womöglich in der Musik? Wir laden zu einem Konzert ein. Nicht barrierefrei, heißt es vorab. Das Publikum denkt sich nichts dabei. Doch kurz nach Beginn erscheinen Menschen, die wortlos signalisieren, dass es eine Bedrohung gibt und man flüchten muss. Die Besucher*innen müssen ihre Ausweise und ihre Mobiltelefone abgeben. Die Augen werden ihnen verbunden. Sie werden weggebracht.“

Man kann sich vorstellen, wie beklemmend das wirkt. Allerdings ist das Stück in dieser Form in Graz nicht realisierbar: „Wenn es etwas gibt, das während Corona sicher nicht möglich ist, dann das“, sagt Höft. „Menschen, die sich nicht kennen, auf engstem Raum zusammengepfercht. Große Gruppen betreten private Wohnungen. Das geht gar nicht.“ Anstatt wie geplant für das Kulturjahr eine Flucht durch das Grazer Griesviertel zu inszenieren, beschreibt die neue Version das Griesviertel als Sehnsuchtsort, als Ziel einer Flucht. Daher hat das Stück auch einen neuen Titel: „Up to Gries“ (Auf nach Gries).

Die Performance wird zur filmischen Erzählung, die von Regisseur Michael Höft als Video produziert und in mehreren Teilen auf Social Media gepostet wird. Wir erleben gewissermaßen die Vorgeschichte zum Stück „Musica Fugit“. In einer Bildmontage sehen wir, wie Adrián Schvarzstein als Schlepper das Terrain auskundschaftet. Flüchtlinge machen sich aus einem Wald in Spanien auf, um eine bessere Zukunft zu suchen. Nach etlichen Schwierigkeiten landen sie am Meer, von wo aus sie schwimmend zu ihrem Sehnsuchtsort gelangen wollen: nach Graz. Dort wiederum spielen kostümierte Musiker*innen in einem gänzlich weißen Studio Stücke über Flucht und Vertreibung. Auf einer weiteren Ebene erzählt Georg Kroneis von der Geschichte des Griesviertels, einem Bezirk, der immer schon Neuankömmlinge und Minoritäten beherbergte. „Das ist nicht nur in Graz so“, sagt Thomas Höft, „dass Städte eine ‚richtige‘ und eine ‚falsche‘ Seite haben. Auf der einen Seite ist der Bischof, das Regiment. Und auf der anderen Seite sind Fremde, Prostituierte, Glücksspiel, Amüsement sowie die Juden und Jüdinnen. Es ist ja kein Zufall, wo die Synagoge in Graz steht.“

Die Migration ins Digitale
Glück im Unglück für Höft und das gesamte Team: Die digitale Umsetzung wird zum viralen Erfolg. Insgesamt werden die Videos auf Facebook über eine halbe Million Mal ausgespielt, davon rund 200.000 Mal in Graz und Umgebung. Mehr als 45.000 User*innen in Graz und dem Umland sowie 129.000 überregionale Betrachter*innen sehen die Videos an. Den meisten Anklang findet die Episode mit dem singenden Weltstar Emma Kirkby sowie die finale fünfte Folge.

„Ich habe jahrelang versucht, das Stück hier zu realisieren“, erzählt Thomas Höft, „für das Kulturjahr war es dann ideal. Was gerade für Kamchàtka und Schvarzstein interessant war: dass es möglich ist, ihre physische Präsenz auf eine filmische Ebene zu übertragen. Das war ein unheimlicher Gewinn für alle Mitwirkenden.“

Der Dramaturg hofft, dass „Musica Fugit“ irgendwann ganz real in Graz gespielt werden kann. „Ich denke, dass es hierher gehört. Wir haben im Laufe der Vorbereitungen so viele neue Freundinnen und Freunde in Gries gefunden. Und mit denen gemeinsam wäre es ein Fest.“

(c) Ārt House
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