studio ASYNCHROME

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ZEICHNUNG MIT AUSSICHT

Einen sehr speziellen Schauplatz in Graz wählte das studio ASYNCHROME für die Auseinandersetzung mit der Frage nach der Transparenz in der Gesellschaft. Marleen Leitner und Michael Schitnig entschieden sich nach eingehenden Recherchen für die Schloßbergbahn – ein markantes, vorwiegend touristisch genutztes Fortbewegungsmittel. Großflächige Zeichnungen des Kunstduos zeigen den Menschen im Zeitalter von Digitalisierung und Überwachung, beziehen sich aber auch auf historische Darstellungen. Als „Raum-Zeit-Kapsel mit profundem Einblick“, sieht Kurator Roman Grabner das Projekt und schreibt: „Das analoge Panorama wird überlagert von einem digitalen Panoptikum.“

Der Wunsch, mit den Zeichnungen in den urbanen Raum zu gehen und einen weitgehend durchsichtigen Untergrund zu verwenden, sei Triebfeder gewesen, sagen Leitner und Schitnig. Rund 600 Stunden Arbeit werden nur für die Zeichnungen aufgewendet, allein die Suche nach einem geeigneten Stift dauert Wochen. Dazu kommt, dass die Gestaltung einer Seilbahn eine Fülle an Auflagen mit sich bringt. Mit Hilfe einer ausgeklügelten und weltweit in dieser Form erstmals eingesetzten Folie von smartfilmplus gelingt es schließlich, die Bilder dynamisch zu gestalten. Von transparent bis zu opak lässt sich die Folie und damit auch das Kunstwerk verändern. Die Folie besteht aus Kristallen, die unter elektrischer Spannung stehen. Bislang konnte man diese Impulse ein -und ausschalten. Durch das Projekt ist es nun möglich, den Zustand der Folie mit einer Programmierung zu dimmen. Dem studio ASYNCHROME ist es wichtig, dass ein Hauch, eine sanfte fließende Bewegung möglich wird.

„Visuell ist das natürlich eine Herausforderung“, erzählt Schitnig, „wir haben dies  vorab am Institut für Architektur und Medien der TU Graz mit einem speziellen 3D-Computerprogramm simuliert.“ „Aber noch schwieriger war, dass in der Bahn kein Stromanschluss für die Folie zur Verfügung stand. In einer Kooperation mit dem Campus 02 haben wir eine Steuerungselektronik samt Platine entwickeln können, damit jeder Teil der Folie mit einer geringen Menge Strom versorgt werden kann“, erklärt Leitner. Insgesamt trugen 12 Kooperationspartner*innen zum Gelingen der Installation bei.

Der Überraschungseffekt
Bei manchen Fahrgästen überwiegt die Irritation, denn just an dem Wochenende, als die Cousine zu Besuch ist, überlagern unerwartet die Zeichnungen des Duos die Aussicht über die Stadt. Andererseits finden viele Gefallen am temporären Kunstwerk. Besonders schön der Moment, als ein gerade noch sehr unruhiges Kind die Bahn betritt, die Zeichnungen sieht und sich sofort in sie vertieft. „Wenn es gar keine Widerstände gibt, ist ein Projekt wohl auch nicht richtig angekommen“, resümiert Schitnig. „Wir verändern bewusst den Blick an einem touristischen Ort, da ist es logisch, dass es Menschen gibt, die das herausfordert.“ Leitner ergänzt: „Wir sind oft mit der Bahn gefahren und haben gesehen, dass die Reaktionen sehr unterschiedlich ausfielen. Was aber immer der Fall war: Ein kräftiger Überraschungseffekt zu Beginn. Man begegnet Kunst in einem Raum, in dem man nicht damit rechnet. Über die Dauer der Bahnfahrt sind unsere Zeichnungen das dominierende Element, welches die Erwartungen an den Raum komplett verändert.“

Gemeinsam ist den Werken des studio ASYNCHROME die Beschäftigung mit gesellschaftlichen Fragestellungen. So werden etwa der Naturraum und der Digitalraum in Beziehung gesetzt, wie sich nicht nur bei der Schloßbergbahn zeigt, sondern auch beim Projekt „Eve or Adam or What?“, das gemeinsam mit Markus Wilfling an der Mur realisiert wurde. Während Transparenz unter anderem im Feld der Politik seit Jahren vehement eingefordert wird, machen Leitner und Schitnig auf die damit einhergehenden Begleiterscheinungen aufmerksam und berufen sich dabei unter anderem auf den Philosophen Byung-Chul Han. Der „gläserne“ Mensch ist im Zeitalter von Google und Facebook, von Tracking Apps und Überwachungskameras längst keine ferne Zukunft mehr. Und das beileibe nicht nur in den USA oder in China, sondern auch und gerade in einer mitteleuropäischen Stadt wie Graz.

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