Elisabeth Gallaun-Enzinger und Ewald Gynes

STADTTEIL-FORSCHUNGSREISE FÜR KINDER. Stadtteil-Entdeckungsbuch

Website
#Urbanismus    Kinder/Jugend

Der kleine Plabutsch und das Kroko im Wald

„Im baumgrünen, buchenblättrigen, sonnengelben Wald in Graz-Gösting lebt das kleine, weißgraugrüngeschuppte Waldkrokodil. Es wohnt mit seiner bunten Krokodilfamilie im Grabenloch.“

Elisabeth Gallaun-Enzinger arbeitete in einem privaten Kindergarten in Gösting, im Nordwesten der Stadt. Mittlerweile ist er geschlossen, was wohl nicht zuletzt die Kinder bedauern. Ein Schwerpunkt dort war nämlich das intensive Erleben der Umgebung, vom Wald bis zum Berg und zur Burgruine. So entwickelte die studierte Kunsthistorikerin die Idee, mit Kindern im Alter zwischen 3 und 6 Jahren Erkundungsreisen durch Gösting zu machen. Sie ließ sich von den Kindern führen und notierte, was sie entdeckten, was ihnen auf dem Weg interessant und wichtig erschien. Sie befragte sie über Objekte, die sie fanden, über Wege, über Geschichten, die ihnen am Weg einfielen. Zusätzlich machten Theo, Marie, Gabi, Ana Clara, Sarah, Benjamin, Nele, Joanna, Leon, Lucas, Kira und Valentin jede Menge Fotos von ihren Touren.

Aus diesen Aufnahmen, Zeichnungen und Karten von den Ausflügen gestaltete der freischaffende Künstler Ewald Gynes ein farbenfrohes, kunterbuntes Buch, das in der Grazer Edition Keiper erschienen ist. Das Entscheidende am Projekt ist, dass die Erwachsenen sich als Begleitpersonen sehen, die Kinder aber die Leitung übernehmen. „Auf dem Weg haben sie mir viele Dinge gezeigt, die ich vorher nie gesehen hatte“, sagt Elisabeth Gallaun-Enzinger. Eine Katzenspur, ein großer Baum, ein Stein, der aussieht wie eine Mini-Version des Plabutsch, jenes Bergs, der den Bezirk begrenzt und prägt. Und vor allem wurde ein Holzstück in Krokodilform entdeckt, das die Gruppe auf ihrem Weg begleitete und Ausgangspunkt für etliche Geschichten wurde. „Kinder sehen genau das, was wir nicht sehen“, resümiert Gallaun-Enzinger, „im Normalfall nehmen wir uns weder die Zeit um Sachen zu entdecken noch um den Kindern zuzuhören.“ Beim Vorlesen der gesammelten Geschichten entstanden zusätzliche Aspekte, neue Begriffe. Auch Zeichen können für Kinder andere Bedeutungsebenen bekommen. Der blaue Fluss auf dem Stadtplan, die römischen Ziffern, die für die Bezirke verwendet werden.

Ein Buch von Kindern für Kinder
Für den Gestalter des Buches, Ewald Gynes, gab es zwei große Herausforderungen. Zum einen konnte er die Kinder pandemiebedingt nicht auf ihren Ausflügen begleiten. Zum anderen bekam er eine Fülle von Material und musste eine Auswahl treffen. Wichtig ist ihm, dass alles, was im Buch zu sehen ist, auch tatsächlich von den Kindern stammt und nicht von ihm. „Die Kinder haben ordentlich viel geliefert. Am Ende haben wir quasi alles in einen Sack getan, kräftig geschüttelt und daraus etwas gemacht. Wobei sich manches bis zur Abgabe immer wieder verändert hat. Spannend war für mich auch zu sehen, wie Kinder mit Karten umgehen, sich in einen Maßstab hineindenken können.“

Wie wollen denn die jüngsten Bewohnerinnen und Bewohner in der Stadt leben? „Sie wollen Orte, die einladend für Entdeckungen sind. Wo man sich als Kind auch hinsetzen kann, ausrasten kann, wo man ungestört ist“, meint Elisabeth Gallaun-Enzinger. Und Ewald Gynes ergänzt: „Eines der Probleme ist die Spielplatzplanung, wo alles vorgegeben ist. Kinder wollen nicht beschäftigt werden, sie wollen sich beschäftigen. Ich habe in der Siedlung, wo ich wohne, selbst einen Spielplatz mitgestaltet und habe gesehen, wie wenig es eigentlich an fixen Elementen braucht, damit Kinder spielen können. Drei Stöcke können zu einer Puppe werden oder zu einem Raumschiff. Kinder brauchen Räume, die frei sind für die Fantasie.“

Elisabeth Gallaun-Enzinger Stadtteil-Entdeckungsbuch für Kinder
Scroll down
  • (c) Kinder vom Spielraum Gösting

  • (c) Kinder vom Spielraum Gösting

  • (c) Kinder vom Spielraum Gösting

go topnach oben

Das Kulturjahr 2020 wurde unterstützt von: