Verein Stadtteilprojekt ANNENViERTEL

UNSICHTBARES HANDWERK IM ANNENVIERTEL

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Gut gepolstert und gewogen

Das Annenviertel als Idee entstand im Zuge des Langzeitprojekts „Die Kunst des urbanen Handelns“ von < rotor >. Maria Reiner, die heute das Stadtteilprojekt wesentlich vorantreibt, sieht das Annenviertel als Gebiet ohne scharfe Grenzen, im Zentrum soll jedenfalls die Annenstraße stehen. Die Gegend ist traditionellerweise geprägt durch kleine Geschäfte und Handwerksbetriebe, die allerdings durch steigende Mieten, den Onlinehandel und durch Einkaufszentren am Stadtrand unter Druck geraten. Die Annenstraße gilt in Graz oft als Problemzone mit vielen leerstehenden Flächen, dabei ist die Situation in anderen Teilen der Stadt kaum rosiger. Andererseits halten sich manche Betriebe erstaunlich gut und es siedeln sich sogar wieder neue Handwerker*innen an, die ökonomische Nischen nutzen. Dies aufzuzeigen ist ein wesentliches Motiv für das Projekt „Unsichtbares Handwerk“, das Beispiele sammelt und in Wort und Bild dokumentiert.

 

Die Recherche erfolgte sowohl online als auch mit Spurensuchen und Interviews. „Wir haben versucht, den Netzwerken nachzuspüren, Lieferketten nachzuvollziehen, anhand von Erzählungen und Schildern die Geschichte aufzurollen“, erzählt Maria Reiner. So fand sie eine frühere Fabrik für Christbaumschmuck, lernte die Vorgeschichte von Betrieben wie dem Lemur in der Griesgasse kennen, wo heute Fahrräder repariert und verkauft werden. Ja, sie fand sogar eine Art WG für Kleinunternehmen, die sich eine Liegenschaft teilten. Eine dieser Firmen betrieb ihr eigener Ururgroßvater, wie sich bei der Recherche herausstellte. Die Grundidee, Handwerksbetriebe zu erforschen, stammt von Marias Schwester Johanna Reiner, die das Projekt ursprünglich mit ihrem „Eintagsmuseum“ in Wien entwickelt und umgesetzt hat.

Ein zentrales Anliegen war es, die Betriebe zu besuchen. „Dafür, dass es eine Reihe von Einschränkungen gab, wurden die Spaziergänge und Rundgänge, die wir angeboten haben, sehr gut angenommen. Einmal hat es sogar richtig geschüttet und trotzdem sind etliche Leute gekommen“, resümiert Reiner. Die ausgewählten Betriebe bekamen einen Aufkleber, dass sie ein „handverlesenes“ Unternehmen sind. Das Interesse freute die Inhaber*innen, berichtet die Initiatorin. Sie fühlten sich wertgeschätzt und wahrgenommen. Eine Plakatserie im öffentlichen Raum stellte die Handwerker*innen, ihre Geschichten und ihre Philosophie in den Mittelpunkt. Mit beschreibbaren Postkarten für jeden Betrieb wurde das Netzwerk auch auf individueller Ebene sichtbar gemacht.

Hat das Handwerk noch goldenen Boden?
Und so soll die Sammlung aus dem Annenviertel auch weiter wachsen und aktuell gehalten werden. „Ich glaube, dass das Projekt sich so richtig füllen wird, wenn man weiter daran arbeitet“, sagt Maria Reiner. Schon jetzt ist die Kollektion auf der Website beachtlich, die Palette reicht von der Polsterei über das Waagenfachgeschäft und das Kunstatelier bis zur Schneiderei. Und natürlich sind auch die beiden künstlerisch und handwerklich aktiven Sozialprojekte „heidenspass“ und „tag.werk“ vertreten.

Als Herausforderungen in größerem Maßstab sieht die Gründerin und Geschäftsführerin des Vereins „Stadtteilprojekt ANNENViERTEL“ die ökonomischen Rahmenbedingungen, die nicht nur im Annenviertel, sondern weltweit die Wettbewerbssituation kleiner Unternehmen massiv schwächen: hohe Steuerlast gepaart mit stark steigenden Mieten, immer neue Auflagen für Betriebsstättengenehmigungen.

„Trotzdem glaube ich, dass Handwerk in der Stadt ein großes Potenzial hat, dass es in diesem Bereich viel Leidenschaft gibt“, zieht Reiner ein optimistisches Resümee.

Verein Stadtteilprojekt ANNENViERTEL, Maria Reiner
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  • (c) Verein Stadtteilprojekt ANNENViERTEL, Maria Reiner

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